Anderswo im Westmünsterland hatten sich Schachklubs nach dem Krieg längst etabliert, nur in Heiden noch nicht. Doch 1962 sollte es endlich so weit sein. Es war der junge Schachspieler Gregor Thesing, der die Initiative ergriff und am Abend des 25. Juni zur Gründung des Schachvereins Heiden in den Gasthof Ebbing einlud. Die Männer der ersten Stunden waren ferner Josef Bußhoff, Werner Harke, Josef Jägers, Georg Meirick, Josef Meirick, Vinzenz Meirick, Paul Spöler und Hermann Telaar.
Der Vorstand, so vermerkt die Chronik, sei zügig gewählt worden: Gregor übernahm unter dem ersten Vorsitzenden Paul Spöler sogleich die Schlüsselposition des Spielleiters.
Von Beginn kümmerte er sich nicht nur um den Spielbetrieb, sondern auch um den Aufbau der Schüler- und Jugendabteilung. Ein weitsichtiges Engagement, das sich schon bald auszahlen sollte. Denn der SV Heiden brachte schon wenige Jahre nach der Vereinsgründung eine Reihe junger Talente hervor, die im damaligen Schachbezirk Grenzland und dann auch auf Verbandsebene Meisterschaften und Pokale gewannen.
Gregor, mit Leib und Seele Heidener, gehört der Aufbau-Generation an, die das Ehrenamt nicht als Last empfand, sondern es mit Pflichtbewusstsein und Leidenschaft ausfüllte. An Aufgaben sollte in dem aufstrebenden Schachverein kein Mangel bestehen. Gregor leitete die Jugendabteilung und war Mannschaftsführer, Kassierer und Materialwart. Mehr noch: Im Laufe von mehr als sechs Jahrzehnten legte er ein sorgfältig gepflegtes Archiv an, in dem er Urkunden und Protokolle, Kassenberichte und Presseveröffentlichungen, Anekdoten und Kurioses mit großer Akribie sammelte. Sein Archiv ist das Gedächtnis des Vereins.
Am wohlsten fühlte sich Gregor jedoch, wenn er am Brett mit den 64 Feldern sitzen und Schach spielen konnte. Als Mensch war er stets hilfsbereit und zurückhaltend, aber am Brett ein gefürchteter Angriffsspieler mit einer Vorliebe für die Spanische Eröffnung.
Nicht nur innerhalb des Vereins, sondern auch im Bezirk zählte er zeitweilig zu den stärksten Spielern. Er war mehrfacher Vereinsmeister und Vereinspokalsieger, und als Stammspieler der ersten Mannschaft leistete er einen wesentlichen Beitrag zu den Wettkampferfolgen des SV Heiden 62 auf Bezirks- und Verbandsebene. Später hob er das Frauen-Team mit aus der Taufe, das in der Zweiten Bundesliga für das Schachdorf Heiden warb.
Gregor zeigte auch, dass sich das Königliche Spiel dank geistiger Frische selbst im hohen Alter betreiben lässt. Trotz gesundheitlicher Rückschläge rappelte sich er immer wieder auf, um im Kreise der beliebten Montagsrunde im Café Jägers am Schachbrett sitzen zu können. Dieser Schachtreff, der an das Kaffeehaus-Schach des ausgehenden 19. Jahrhunderts erinnert, war 1987 von Paul Spöler ins Leben gerufen worden.
62 Jahre nach seiner Gründung präsentiert sich der Schachverein Heiden mit vier Seniorenmannschaften sowie mehreren Schüler- und Jugendteams in einer ausgezeichneten Verfassung. Der Verein zählt zu den mitgliederstärksten im Verband Münsterland und machte aus Heiden eine weit über die Grenzen hinaus anerkannte Schach-Hochburg.
Als der Verein Anfang Juli nach längerer Unterbrechung wieder sein traditionelles Schachfest feierte, war Gregor – gut gelaunt wie immer – mit von der Partie. Doch es sollte sein letzter Auftritt im Kreise der großen Heidener Schachfamilie sein.
Gregor Thesing, der Kämpfer am Schachbrett, hat den letzten Kampf seines Lebens verloren: Er ist am vergangenen Samstag im Alter von 87 Jahren gestorben. „Mit Gregor Thesing verlieren wir nicht nur einen Mann der ersten Stunde, sondern zugleich eine Persönlichkeit, die unseren Verein jahrzehntelang entscheidend mitgeprägt hat“, sagt der Vorsitzende Gerd Spöler.
Die Trauerfeier ist am Samstag, 31. August um 9 Uhr in der Heidener Pfarrkirche St. Georg.